Maschinendatenerfassung in der Fertigung

Edip Yavuz

Edip Yavuz

|

23.07.2022

23.07.2022

|

Wiki

Wiki

|

9

9

Minuten Lesezeit

Minuten Lesezeit

In produzierenden Unternehmen sind Maschinen das Herz der Organisation. Ganz besonders entscheidend für Erfolg sind daher die Maschinendaten. Anhand dieser können Fehler in der Produktion vermieden und die Qualität der Produkte verbessert werden. Doch was genau sind Maschinendaten? Und welche Vorteile hat die Maschinendatenerfassung?

Begriffsdefinition Maschinendatenerfassung

Was ist Maschinendatenerfassung (MDE)?

Die Maschinendatenerfassung (kurz: MDE) ist ein Teilgebiet der Informations- und Kommunikationstechnik (IKT). Der Begriff ist ein Sammelbegriff für verschiedene Verfahren zur Sammlung von Daten und Übertragung an andere Systeme. Eine genauere Übersicht findet sich weiter unten unter dem Punkt: “Wie können Maschinendaten ausgelesen werden?”

Ziel aller Verfahren ist, Daten über die Produktionsprozesse zu erfassen und für Analysen bereitzustellen. Maschinen generieren stetig Daten wie Temperaturen und Geschwindigkeiten. Heutige Anlagen sammeln viele dieser Daten bereits über Sensoren und nutzen sie als Abgleich für die Steuerung der Anlage. MDE wird daher oft auch als Synonym für die über die Steuerungsebene hinausgehende Erfassung und Bereitstellung von Daten genutzt.

Was sind Produktionsdaten?

Produktionsdaten sind Daten, die für die Planung und Durchführung einer Produktion benötigt werden. Meist sind damit Daten auf der Produktionsleitebene gemeint. Typische Beispiele sind Produktionspläne und -abläufe, Maschinenbelegungen, aber auch Fertigungsdaten wie Ausschuss, Produktivität der Anlagen (OEE). Auch technische Daten wie Leistungen der Maschinen und Temperaturen von Extrudern, wenn sie für die Produktionsplanung benötigt werden.

Die Erfassung von Produktionsdaten ist ein wesentlicher Bestandteil der industriellen Internet of Things (IIoT)-Strategie vieler Unternehmen. Durch die Analyse dieser Daten können Unternehmen ihre Fertigungsprozesse verbessern und optimieren und die Transparenz und Effizienz ihrer Lieferketten erhöhen.

Was sind Prozessdaten?

Prozessdaten sind Daten, die den Ablauf meist einzelner, oft technischer Prozesse beschreiben. Gemeint sind damit meist die Daten direkt aus einer Anlage, z.B. die über Sensoren an der Maschine gewonnenen Daten. Dazu gehören unter anderem Maschinendaten, Materialdaten, Ereignisse, Qualitätsdaten, aber auch anlagenübergreifende Informationen über Logistik und Lieferketten.

Maschinendaten wie Leistung werden häufig mithilfe von Sensoren erfasst. Um Material-/Produktinformationen zwischen verschiedenen Prozessen und Anlagen bereitzustellen, z.B. für Logistik- und Versandprozesse, werden oft Barcodes, QR-Codes und RFID-Tags benutzt.

Welche Maschinendaten gibt es?

Welche Daten erfasst werden, hängt stark vom jeweiligen Produktionsprozess ab. In der Regel können folgende Daten erfasst werden:

  • Materialdaten: z.B. Art des Materials, Herkunft, Menge

  • Prozesseigenschaften: z.B. Temperatur, Druck, Geschwindigkeit

  • Qualität: z.B. Fehlerquote, Messwerte

  • Rüstzeiten: z.B. Zeit für Wartungsarbeiten, Materialwechsel

  • Standortdaten: z.B. Koordinaten der Maschinenteile

Ziele und Vorteile der Maschinendatenerfassung

Vorteile der Maschinendatenerfassung in der Produktion

Bei der Maschinendatenerfassung in der Produktion werden mithilfe von Sensoren, welche oft bereits für die Steuerung genutzt werden, Daten über die Maschine gesammelt und aufgezeichnet.

Durch MDE, also die Erfassung von Produktionsdaten, wird die Fertigung transparent und mögliche Maßnahmen für mehr Effizienz und Produktivität können gefunden werden. Die Vorteile liegen dabei insbesondere in der Ermöglichung detaillierter Analysen und der Optimierung von Produktionsprozessen. Dadurch können Fehler reduziert und Ressourcen gespart werden, z.B. durch

  • mögliche Fehler im laufenden Betrieb erkennen und beheben

  • die Produktion durch kürzeres Auf-und Umrüsten beschleunigen

  • Ausschuss und Kosten reduzieren

Zudem kann durch die Erfassung von Maschinendaten auch die Qualität der Produkte verbessert werden. Durch die Verbindung von Maschinendaten und Qualitätsdaten wird rückverfolgbar, welche Maschineneinstellungen zu den gewünschten oder nicht gewünschten Produktmerkmalen führen.

Anwendungsfälle für Maschinendatenerfassung

In modernen Fabriken werden heutzutage schon viele Maschinendaten erfasst und in MES und anderen Planungssystemen zusammengeführt. Dadurch können Fertigungsplanungen besser koordiniert werden, z.B. welche Maschine welches Teil herstellt, in welcher Reihenfolge die einzelnen Arbeitsschritte durchgeführt werden und wie lange die Produktion insgesamt dauert.

Die Anwendungsfälle gehen dabei so weit, dass die Qualitätssicherung durch transparente Daten Ausreißer besser nachvollziehen kann und die Wartung durch vorausschauende Fehlererkennung Störungen an Maschinen erkennen kann, bevor sie auftreten. Die Produktion wird dadurch insgesamt effizienter.

Auslesen von Maschinendaten

Welche Hardware gibt es für Maschinendatenerfassung?

Die Maschinendaten werden meist heute schon anhand von Sensoren gemessen und über eine zentrale SPS gesammelt. Diese SPS nutzt diese Daten zur Steuerung und Regelung der Maschine.

Die Daten werden in modernen Fabriken anschließend über Schnittstellen an SCADA- oder DCS-Systeme bis hin zu MES- und ERP-Systemen eingebunden, um Entscheidungen in der Fertigungs- und Unternehmensplanung besser zu informieren. Über entsprechende Software kann aus diesen Daten auch Einblick in Qualitätssicherung und Maschinenwartung genommen werden.

Die Anbindung dieser Daten erfolgt meist über standardisierte Schnittstellen (Mehr dazu unter “Austausch von Maschinendaten aus der SPS zu anderen Systemen”). Fehlen diese, wird die Anbindung komplexer.

Hier erfahren Sie, wie wir bei ENLYZE Ihre Maschinendaten mithilfe des Sparks auslesen.

Welche Software gibt es für Maschinendatenerfassung?

Für die Maschinendatenerfassung stehen spezielle Softwareprogramme zur Verfügung. Meistens verfügen die genutzten Geräte über herstellereigene Programme, wie z.B. Simatic S7 für Siemens SPS-Hardware. Daneben gibt es eine Reihe von Anbietern (wie auch ENLYZE), die für eine Reihe verschiedener SPS die Erfassung und Anbindung der Maschinendaten ermöglichen.

Austausch von Maschinendaten aus der SPS zu anderen Systemen

Meistens sollen diese gesammelten Daten nicht nur an der Maschine bleiben. Die Maschinendaten können in anderen Unternehmensbereichen Auswertungen und Analysen der Prozesse ermöglichen und unterstützen, z.B. in

  • SCADA- oder DCS-Systemen die Prozessleitung vereinfachen

  • MES-Systeme die Fertigung besser planen

  • in ERP-System Maschinen-Verfügbarkeiten anzeigen

  • die Lagerlogistik über Mengen an Rohstoff und Endprodukt informieren

  • Prozessanalysen für die Qualitätssicherung ermöglichen

  • Vorausschauende Maschinenwartung ermöglichen

Die Übertragung der Maschinendaten aus der SPS an ERP-, MES- und andere Planungssysteme erfolgt über Schnittstellen. Üblich sind Schnittstellen wie der OPC-Standard (“Unified Architecture“ OPC-UA, “Distributed Architecture” OPC-DA) oder der Ethernet-Standard “Profinet”.

Die meisten Anbieter von Digitalisierung kommen mit diesen Standards sehr gut zurecht. Schwieriger wird es bei der Anbindung sehr alter Maschinen, die oft über keine standardisierten oder gar keine Schnittstellen verfügen. Hier werden die Möglichkeiten der Anbindung im Einzelfall geprüft und spezielle Lösungen erarbeitet.

Ablauf der automatischen Maschinendatenerfassung

Der Ablauf der automatischen Maschinendatenerfassung ist einfach, insofern es sich um moderne Anlagen handelt. Meist verfügen diese über offene Schnittstellen zur Anbindung an alle ERP-, MES- und andere Planungssoftware. Die Daten werden automatisch von den Maschinen erfasst und über ein zentrales System (z.B. Cloud-Systeme) oder direkt an die Abnehmer übermittelt, was jedoch deutlich komplexer ist.

Wenn es sich um historisch gewachsene Anlagenparks handelt, ist das Auslesen der Maschinendaten eine nochmal deutlich größere Herausforderung. Da diese Maschinen ursprünglich nur an herstellereigene Systeme angebunden werden sollten, haben sie häufig keine offenen Schnittstellen zur Anbindung an moderne, externe Planungssysteme.

Die Anbindung dieser Anlagenparks geschieht dann über Spezialsoftware, die die Daten aus den Steuerungseinheiten auslesen und für Analysen von Produktivität und anderen Optimierungen und die Integration in MES- und ERP-Systeme bereitstellen.

Vorteile der automatischen Maschinendatenerfassung für Unternehmen

Die traditionelle Datenerfassung, z.B. mit analogen, handschriftlichen Protokollen, ist anfällig für Messlücken. Meist werden diese vom Werker direkt oder vom Produktionsleiter ausgefüllt. Durch Krankheit oder unvorhersehbare Hindernisse im Alltag kann das vergessen werden.

Dahingegen sammelt die automatische Maschinendatenerfassung zuverlässig und kontinuierlich Daten über die Produktion, was die Analyse von Problemen und Ursachen leichter macht. Außerdem werden menschliche Messfehler vermieden, die bei manueller Aufnahme durch Werker oder Qualitätsprüfer entstehen.

Die Daten werden automatisch auch schneller und ohne Verzögerung erfasst und direkt in die benötigten Systeme eingespielt. Die automatische Maschinendatenerfassung ist somit eine sehr effiziente Methode, um die Produktion zu überwachen und kontinuierliche Verbesserungen zu planen.

Vorteile und Nachteile der automatisierten MDE:

Wie werden in der Kunststoffproduktion Maschinendaten ausgelesen?

In der Kunststoffproduktion werden Maschinendaten ähnlich wie anderswo anhand von Sensoren ausgelesen. Der Fokus liegt dabei branchenspezifisch jedoch oft auf anderen Werten, wie z.B. Extrudertemperaturen. Da Kunststoffproduktion oft kontinuierlich ist, d.h. ohne regelmäßige Stopps (bis auf Wartung und Reparaturen) betrieben wird, entstehen auch hier besondere Herausforderungen an die Datenerfassung.

Abhängig von der Art der Produktion bieten sich dann verschiedene Optimierungspotenziale. Die kontinuierliche Fertigung z.B. zeigt wenig Spielraum in der Anlagenverfügbarkeit, da diese meist bereits voll ausgeschöpft wird. Stattdessen arbeitet die Maschine aber oft nicht auf der maximalen Leistung oder verschwendet viel Material durch Ausschuss.

Je nach Produkt und Anwendungsfall können diese Daten auch genutzt werden, um die Qualität der Produkte zu gewährleisten. Materialdicken können z.B. direkt an der Maschine gemessen werden und die normalerweise an speziellen Prüfmaschinen getestete Zugfestigkeit sinnvoll ergänzen oder ersetzen.

Wie sieht es mit Maschinendatenerfassung und Datenschutz aus?

Die Maschinendatenerfassung ist ein sensibles Thema, da viele Unternehmen Bedenken bezüglich des Datenschutzes haben. Diese Bedenken sind auch völlig berechtigt, da jede Art von Maschinendatenerfassung ihre Anlage angreifbar macht.

Gleichzeitig muss dieses Risiko jedoch abgewogen werden mit dem immer größer werdenden Konkurrenzdruck und der enorm schnell voranschreitenden Digitalisierung und Automatisierung. Wichtig ist eine durchdachte Digitalisierungsstrategie mit gewissenhafter Abwägung über Gründe, Erwartungen, notwendigem Ausmaß und Verantwortlichkeiten der Digitalisierung unter Einbindung starker Partner.

Viele Cloud-Anbieter z. B. verfügen, anders als häufig angenommen, über die höchste IT-Sicherheit aufgrund ihrer langjährigen Erfahrung und enormen technischen und finanziellen Ressourcen. Das größte Risiko für Datenschutz besteht bei den Endanwendern, die nicht ausreichend geschult wurden oder anderweitig riskantes Verhalten aufzeigen. Eine klare Strategie für den internen Umgang mit Datenschutz ist hier ausschlaggebend.

Abgrenzung der Maschinendaten von anderen Systeme

Was ist Produktionsüberwachung?

Produktionsüberwachung ist ein weit gefächerter Begriff für die Idee, die Produktion transparent und verständlich zu machen. Sehr oft wird er synonym verwendet für MES, was jedoch eigentlich falsch ist. Der Begriff Produktionsüberwachung passt aber eher zu SCADA- und DCS-Systemen, die früher in den heute nicht mehr weit verbreiteten Produktionsleitständen direkt in der Werkhalle verwendet wurden.

Heute werden diese Leitstände meist nicht mehr genutzt. Stattdessen wird die Produktionsüberwachung oft direkt in MES-Systemen über die Integration von Maschinendaten mit abgedeckt. MES-Systeme sind aber Fertigungsmanagementsysteme und decken damit mehr ab als nur die reine Produktionsüberwachung. In MES können z.B. Produktionstage über Maschinenbelegungen und Fertigungsabläufe für Produkte geplant werden. MES ist daher mehr eine Produktionssteuerung.

Produktionsüberwachung beginnt bereits dort, wo Maschinendaten ausgelesen werden und für Einblicke, Analysen und Optimierungen der Produktion genutzt werden. Das beginnt heute schon meist direkt an der Anlage, wenn diese über eine HMI oder andere Analysetools verfügt. Diese Art der Produktionsüberwachung wird insbesondere wichtig, wenn die Anbindung an MES-Systeme noch nicht erfolgt ist.

Welche Systeme zur Produktionsüberwachung werden genutzt?

Die häufigsten heute vertretenen Systeme zur Produktionsüberwachung sind SCADA-Systeme, DCS-Systeme und PLC-Systeme. SCADA und DCS-Systeme sind zwei sehr ähnliche Prozessleitsysteme und wurden früher häufig in der industriellen Automation eingesetzt. Sie unterscheiden sich zwar in ihrem Aufbau, ermöglichen aber beide die Überwachung und Steuerung von Werkshallen (“Leitstände”) bis zu ganzen Werken. Sie sind meistens jedoch fest verkabelt mit den Anlagen und dadurch wenig erweiterbar und integrierbar.

Oft wird heute Produktionsüberwachung bereits in höher gelegene Systeme wie MES integriert. Dafür muss allerdings die Anbindung der Maschinendaten an diese Systeme gewährleistet sein. Durch Cloud und vernetzte Produktion entstehen auch immer mehr spezialisierte Anwendungen, die die Produktionsüberwachung ermöglichen und die Integration der Maschinendaten in andere Programme ermöglichen.

Was ist der Unterschied zwischen Produktionsüberwachung und MDE?

Systeme zur Produktionsüberwachung wie DCS und SCADA erfassen meistens selbst keine Maschinendaten, sondern nutzen PLCs (und andere Hardware), um Daten aus den Maschinen auszulesen und die Produktion zu steuern.

MDE-Systeme wie PLCs (Programmable Logic Controller), oder zu deutsch SPS (Speicherprogrammierbare Steuerung), sind direkt an Maschinen angebrachte Geräte zur Steuerung und Regelung der Prozesse über Sensoren und Aktoren. Sie erfassen die Maschinendaten für die Regelung der Anlagen und können diese über Schnittstellen weitergeben.

Was ist der Unterschied zwischen Betriebsdaten und Maschinendaten?

Betriebsdaten umfassen alle Daten, die im Zusammenhang mit dem Betrieb einer Anlage erfasst werden. Dazu gehören zum Beispiel Produktionsdaten, Qualitätsdaten, Wartungs- und Instandhaltungsdaten und weitere anlagenübergreifende und betrieblich wichtige Daten wie z.B. KPIs.

Maschinendaten hingegen beziehen sich ausschließlich auf die Daten, die im Zusammenhang mit der jeweiligen Maschine erfasst werden und meist direkt zur Steuerung und Regelung genutzt werden. Dazu gehören zum Beispiel Fertigungsmengen, technische Daten wie Geschwindigkeiten und Temperaturen, An-Aus-Zustände und Energieverbräuche.

Was ist der Unterschied zwischen BDE (Betriebsdatenerfassung) und MDE (Maschinendatenerfassung)?

BDE (Betriebsdatenerfassung) ist die Erfassung von Daten, die für die Planung, Steuerung und Überwachung eines Betriebsprozesses relevant sind. MDE (Maschinendatenerfassung) ist die Erfassung von Daten, die für die Analyse und Optimierung der Produktion relevant sind.

Wie können Betriebsdaten und Maschinendaten zusammengeführt werden?

Eine Möglichkeit, Betriebsdaten und Maschinendaten zusammenzuführen, ist die Verknüpfung der Daten in einer gemeinsamen Datenbank bzw. in einem Tool.

Dabei werden die Daten der einzelnen Maschinen mit den entsprechenden Betriebsdaten verknüpft. So kann beispielsweise die Produktionsdaten einer bestimmten Maschine mit den Qualitätsdaten derselben Maschine in Verbindung gebracht werden, um Rückschlüsse über mögliche Optimierungen zu ziehen.

Welche Vorteile bietet die Zusammenführung von Betriebsdaten und Maschinendaten?

Durch die Zusammenführung von Betriebsdaten und Maschinendaten können verschiedene Prozesse optimiert werden. So können beispielsweise Produktionsprobleme schneller erkannt und behoben werden. Darüber hinaus können auch die Instandhaltungs- und Wartungsprozesse optimiert werden.